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02.06.2006 · Neues Gera

Interview des Vereinsvorsitzenden Volker Tauchert in "Neues Gera"

Im August dieses Jahren kann der Verein "Ja - für Gera" auf vier Jahre seines Bestehens zurückblicken. Aus der kleinen Schar von sieben Gründungsmitgliedern, die sich im August 2002 zusammengefunden hatten, ist inzwischen eine stattliche Anzahl von Mitstreitern geworden: Neun Mitglieder, zwölf Förderkreismitglieder und eine Vielzahl von Förderern "zur Zeit rund 8 Firmen bzw. Unternehmer insgesamt und etwa 50 Unterstützer, die sich den Zielen des Vereins verbunden fühlen. An öffentlichen Aktivitäten hat es nicht gefehlt, vom Frühjahrsputz über die regelmäßigen Aktivitäten auf dem Marktplatz, Vorträgen und Workshops bis zu der „Winterakademie" reicht das Programm. „Wir wollen den Namen Geras in die Welt tragen"; hat Vereinsvorsitzender Volker Tauchert einmal das Vereinsziel grob umrissen. Jetzt haben wir bei ihm nachgefragt.

.... sind Sie mit den Ergebnissen selbst zufrieden?

Ja, und dafür gibt es eine Vielzahl von Gründen.

Die Initiative hat sich seit dem ersten Projekt im April 2003, das war der erste Frühjahrsputz, gut entwickelt. Weil es nicht um Spaß geht, aber viel Spaß macht, erreichen wir noch im Laufe des Jahres die 100-er Marke, davon bin ich fest überzeugt, d. h. 100 Firmen bzw. Unternehmer, die auf unterschiedlichsten Ebenen mitwirken und dementsprechend alles das, was wir tun, im Rahmen Ihrer Möglichkeiten und Interessen finanziell ausstatten sowie inhaltlich und organisatorisch mitgestalten.

Auch die Anzahl der Privatpersonen, die regelmäßig und damit weitestgehend kalkulierbar ab 1 € pro Monat ihren Beitrag leisten, hat sich leicht erhöht. Hier liegt jedoch noch eine große Reserve. Ich will das jedoch nicht nur an der Bereitschaft festmachen, denn wir selbst haben auch noch nicht die Kraft für ein geeignetes Management gefunden.

Von großer Bedeutung ist aber auch, dass das Potential, auf welches sich die Initiative insgesamt stützen kann, enorm an Breite gewonnen hat. Hierzu zählen natürlich auch die Partner, wie Verbände, Vereine, Institutionen, Einrichtungen usw. Wichtig ist dabei auch die Stadtverwaltung Gera.

Was ist der Schlüssel für den bisherigen Erfolg?

Ich bin weiterhin davon überzeugt, dass der Weg, den wir von Anfang an beschritten haben, richtig ist. Das heißt: Strategisch angelegte Tätigkeitsfelder und Ziele zu setzen, dafür die Menschen zur Mitwirkung zu begeistern, Ihnen die Möglichkeit unterschiedlichster Einbindung zu geben, gemeinsam die Maßnahmen bzw. Projekte zu entwickeln und nachfolgend umzusetzen. Die Menschen auf die „Bühne"; holen, sie entsprechend ihren Fähigkeiten integrieren, von ihnen zugleich auch lernen und sie nicht vor der „Bühne"; als Betrachter stehen zu lassen. Diese Einbeziehung war vom ersten Tag an ein wichtiger Grundsatz.

Wie groß ist der Aufwand, die Menschen dafür zu begeistern, denn wir haben ja erst wieder vor wenigen Tagen gesehen, dass das Interesse an der Mitgestaltung selbst auf kommunaler Ebene äußerst gering ist?

Was Wahlen ausdrücken ist meiner Meinung nach sehr viel komplexer zu betrachten und zu bewerten. Deshalb lässt sich das auch mit unseren Erfahrungen nicht gleich setzen. Eines spüren wir natürlich, es möchte fast jeder persönlich angesprochen werden, und das ist aufwendig. Es ist aber ein ganz normaler Prozess, dass in der Regel zwei, manchmal auch drei Gespräche geführt werden, um zunächst näher zu informieren, das Vertrauen aufzubauen und sich dann über die konkrete Mitwirkung zu verständigen. Das beachtend, haben wir dann jedoch eine Erfolgsquote von über 90 %.

Das liegt auch daran, dass Gera ein beachtliches Potential aktiver Menschen hat "und das ist nicht erst seit und durch die Gründung des Vereins "Ja - für Gera"; e. V. so, sondern das gab es schon vorher bzw. unabhängig davon.

Jeder, der sich in unserer Stadt nicht abseits der Gesellschaft bewegt, weiß, wie groß das Humankapital unserer Stadt ist, oder anders ausgedrückt, wie viele Bürger seit langem etwas für Sport, Kultur, karitative Zwecke usw. leisten.

Das Besondere unserer Aufgabe bestand jedoch darin, sie und andere für interessenübergreifende Tätigkeitsfelder zu gewinnen, welche sich die Zivilgesellschaft in dieser Art und Weise noch nicht zur Aufgabe gestellt hatte. Dabei mussten vor allem auch Kräfte gebündelt werden, was nirgendwo einfach ist.

Insofern haben wir in unserer Stadt mit der Initiative „Ja - für Gera; etwas geschaffen, was von außen nicht selten bestaunt wird.

Sie meinen damit bestimmt die im vergangenen Jahr übergebene Anerkennung „Andere begeistern"; im ZDF-Fernsehgarten in Mainz?

Natürlich haben wir uns darüber sehr gefreut. Diese Anerkennung war auch wichtig, aber meine Einschätzung geht darüber hinaus. Wie Sie wissen, wurde das Projekt „Stadthausmeister"; zum Anfang dieses Jahres von Bonn aus allen Kommunen Deutschlands zur Nachahmung empfohlen.

Über unsere Verbindung mit dem Deutschen Seminar für Städtebau und Wirtschaft gibt es sehr viele Reaktionen, vor allem aus ostdeutschen Städten, die den eingeschlagenen Weg in Gera für interessant halten.

Eine schöne Anerkennung für die geleistete Arbeit erhielten wir auch von den Studenten der Bauhaus-Universität in Form einer Danksagung. Die beteiligten Studenten aus 8 Nationen - von Deutschland über Portugal bis hin nach China "wollen die in Gera gesammelten Erfahrungen, vor allem einer professionellen und leidenschaftlichen Betreuung, sozusagen in die Welt tragen.

Darüber hinaus gibt es vielfältige Kontakte zu Persönlichkeiten, von Gossensass in Südtirol bis nach Wien, die uns Erfolg wünschen und natürlich auch das weiterhin erforderliche Durchstehvermögen. Dabei schätzt man unser Vorgehen u. a. als eine gewisse gesellschaftliche Innovation ein.

Können Sie ein Beispiel nennen, was man dabei z. B. neu bzw. gesellschaftlich innovativ findet?

Beispielsweise, dass der Bürger Geld in einen Pool zahlt, aus dem strategisch sowie operativ u. a. Projekte und Maßnahmen für Stadtentwicklung, die Stärkung unserer Innenstadt und noch vieles andere finanziert wird und das vom Unternehmer, aber auch über den Angestellten bis zum Rentner.

Ich kann mit Fug und Recht einschätzen: Das Wichtigste, was unsere Stadt hat, sind ihre Menschen. Was wir in diesem Zusammenhang brauchen ist, dass noch mehr Bürger erkennen, dass die eigene Lebensart die Qualität einer Stadt überhaupt ausmacht. Wenn ich die neu gestaltete Schlossstraße oder auch Bachgasse entlanggehe und die nunmehr bereits reichliche Anzahl von Außenplätzen bei entsprechendem Wetter schon gut gefüllt sind, dann stelle ich immer den Vergleich zu früheren Zeiten an. Vor allem, wenn es darum geht, nicht nur in ein Zentrum zu eilen und einzukaufen, sondern es mit all seinen Möglichkeiten zu erleben und selbst zu leben.

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